Hoffnungsgeschichten 6.0
Ist da der Wurm drin?
Hübsch hässlich, ohne Beine, langweilige Farbe, Ganzkörperglatze, nicht mal schöne Augen - der Gollum unter den Bewohnern im Reich der Erde. Hört nix, riecht nix, sieht fast nix, redet keinen Ton, windet sich mangels Schuhwerk von A nach B und hinterlässt dabei braune Häufchen. Ein elastischer, mit Körperflüssigkeiten gefüllter Schlauch aus Muskeln – nicht mal ´ne Taille hat er und Rückgrat schon gar nicht. Das klingt nicht nach einem erstrebenswerten Dasein. Ein Wurm wird vermutlich selten als Haustier gehalten oder einen Namen bekommen. Es ist nie gut, wenn irgendwo der Wurm drinnen ist. Wenn uns etwas wurmt, hat das meist mit unguten Gefühlen und Ärger zu tun. Da kann man sich schon mal fragen, was der arme Kerl falsch gemacht hat?! Oder stimmt nur unser Blickwinkel nicht?
Der als „Regenwurm“ bezeichnete Bodenbewohner stammt aus der Ordnung der Wenigborster (Oligochaeta). Diese atmen über die gesamte Körperoberfläche, haben fünf „Doppelherzen“ und ihre Sinnesorgane sind speziell an das Leben im Boden angepasst. Mittels Licht-Sinneszellen können sie Hell und Dunkel unterscheiden, sie orientieren sich mit Hilfe eines Tast- und Gravitätssinnes und Bodenerschütterungen werden mit dem Drucksinn wahrgenommen. Sinnesknospen in der Mundhöhle und auf der Haut dienen der Geschmackswahrnehmung, denn der Regenwurm ist ein Feinschmecker, was man ihm jetzt nicht gerade ansieht ;)
Eine Flut der regen Würmer findet sich auf unseren Feldern, noch mehr, wenn wir auf diesen in den letzten Jahren Mulch aufgebracht haben, wie z.B. bei Steckrüben, Kohl und Zucchini. Nach einem Schauer muss man wirklich aufpassen, wo man seinen Fuß hinsetzt, um keinen platt zu machen. Schon von Weitem erkennt man an der löchrigen Oberfläche mit den vielen dunklen Kot-Haufen, dass dort eine größere WG ihr Zuhause hat. Der erste Blick aus unseren menschlichen Augen sieht keine vielversprechende Karriere für die erbärmlichen Würmchen, aber das hindert sie nicht daran, ihre vorhandenen Fähigkeiten in die Mitarbeit an dem Mega-Projekt - den Planeten zu bewahren - zu investieren. Indem sie den ökologischen Landbau mit der Lockerung des Bodens unterstützen, organische Stoffe kompostieren und mit ihrem Kot dem Boden wichtige Nährstoffe zufügen. Durch die ständigen Bewegungsprozesse werden Nährstoffe auch in tiefere Schichten befördert und der Boden wird locker und gut belüftet. Sie sind also des Landwirts wichtigste Verbündete beim Aufbau der Bodenfruchtbarkeit. Kleopatra erließ sogar ein Verbot, Regenwürmer außer Landes zu bringen und ihre Landsleute verehrten sie als heilige Tiere.
Wir sind froh, dass es sie gibt, denn Regenwürmer sind wichtige Elemente unseres Ökosystems und wirken besser auf unsere Böden, als wir Menschen es jemals mit Maschinen erreichen könnten. Wenn Herr Regenwurm gemeinsam mit Frau Biene beschließt sich vom Acker zu machen, wird´s bald duster hier. Jeder hat eben andere Fähigkeiten und Begabungen, die ihn unentbehrlich machen.
Es ist Ostern – wenn die Eier alle gefunden sind, mach dich weiter auf die Suche nach deinen Fähigkeiten. Wenn du sie noch nicht entdeckt hast, hast du vielleicht nur noch nicht genau genug hingeschaut. Sei wie der Regenwurm – einzigartig, voller Überraschungen und wertvoll für den Planeten!
Frohe und friedliche Ostern wünscht Ihnen das Ackerlei-Team
Text und Fotos: Rebekka Zell